Bei Van Gogh und beim Book Club

Nach einer sehr schlechten Nacht waren wir schon früh auf den Beinen. Da alles andere noch auf Stunden geschlossen war, kehrten wir bei Starbucks ein und tranken einen Tee. Ich gehe zu Hause nie zu Starbucks. Aber im Ausland ist es manchmal ein Zufluchtsort, wenn alles andere zu viel wird. Starbucks ist weltweit so durchgenormt, dass man sich direkt zurecht findet und aufgehoben fühlt. Die beiden jungen Männer hinter dem Tresen strahlten eine unglaublich ansteckende gute Laune aus.

Bei Starbucks.

So emotional gestärkt und mit Zucker ausgestattet liefen wir durch die Gassen ganz langsam zum Van Gogh Museum. Teilweise fand ich die Gegend und die Gestalten ein wenig merkwürdig. Das liegt wohl aber auch daran, dass Amsterdam momentan die In-Partystadt ist. Es gibt unendliche viele Hen- und Stag-Nights, die Leute lassen sich voll laufen und konsumieren wahrscheinlich noch andere Sachen, so dass es dann morgens unmöglich aussieht und vereinzelt halt noch welche nicht ins Bett gefunden haben.

Blick auf Amsterdam.

Das Van Gogh Museum befindet sich in Umgebung des Museumsplatzes und war für heute ausverkauft, wie ein Schild informierte. Gut, dass ich die Tickets im Vorfeld online erstanden hatte. Wir waren zu 9 Uhr gebucht und konnten uns im Prinzip gleich anstellen.

Im Museum war es unglaublich voll. Viele Leute schauten sich überhaupt nicht die Bilder an, sondern machten nur ein Handy-Foto davon und rannten dann weiter.

Wir hatten den Audio-Guide mitgebucht, was ich nur empfehlen kann. Es gibt Erklärungen zu ausgewählten Bildern des Künstlers. Ich hatte mir im Vorfeld zusätzlich eine Doku angesehen, die mir ebenfalls half, alles besser einordnen zu können.

Los ging es mit verschiedenen Selbstbildnissen von Van Gogh. Der hatte so wenig Geld, dass er sich oft keine Modelle leisten konnte, und so malte er entweder Malerkollegen oder eben sich selbst. Das ist besonders interessant, da sich sein Stil über die Zeit sehr gewandelt hat.

Dann ging es weiter in chronologischer Reihenfolge, auch mit Zitaten aus den Briefen und vielen Meisterwerken.

Nachdem wir uns auf drei Stockwerken unzählige Bilder angesehen hatten, legten wir einen kleinen Stopp ein. Erst im Museumsladen und dann im Restaurant. Das Essen war o.k., und die Pause musste einfach sein.

Im Untergeschoss gab es eine zusätzliche Ausstellung zur Künstlerin Etel Adnan, die wir aber leider nicht so richtig verstanden haben.

Da gingen wir lieber noch in die Sonderausstellung „Vincent and the Olive Groves“. Hier ging es um die Bilder von Oliven und Olivenhainen, die Van Gogh während seiner Zeit im Sanatorium gemalt hat. Dazu gab es viele Hintergrundinformationen, auch zur Farbkombination und wie sich die Farben seit dem Malen inzwischen verändert haben. Für uns sehen die Bilder also anders aus, als für den Maler selbst.

Das Museum ist wirklich großartig, aber man muss sich genug Zeit mitnehmen. Wir waren bestimmt vier Stunden dort. Ein ganz großartiges Erlebnis.

Langsam liefen wir zurück Richtung Quartier. Wir hatten noch etwas Zeit zu verbringen, und so besuchten wir die Öffentliche Bibliothek. Diese ist in der Nähe des Hauptbahnhofs in einem ganz modernen Gebäude untergebracht und geht über mehrere Stockwerke. Hier schrieb ich Tagebuch, und wir sahen uns ein Buch über Van Goghs Meisterwerke sowie den Briefwechsel mit seinem Bruder an, um alles noch ein wenig abzurunden. Die Kunstbücher waren im vierten oder fünften Stockwerk. Das Gebäude hat riesige Fenster, an denen Lesesessel stehen. Der Eckplatz war der allerbeste mit Blick über Amsterdam und ein paar Kanäle. Besser kann man es nicht haben, und das auch noch kostenlos.

Abends fand bei A unser Internationaler Buch-Club statt. Wir sind vier Frauen aus Kanada, Amsterdam und Deutschland. Drei waren vor Ort in Amsterdam, was für ein Ereignis. Wir sprachen über „The Rose Code“ von Kate Quinn und hatten einen sehr vergnüglichen Abend zusammen.

Zurück ins Quartier sind wir gelaufen und kamen mehrfach an Leuten vorbei, die einfach nur den schönen, warmen Abend genossen. Ein Vater saß auf den Treppenstufen mit einem Buch und passte auf seine Kinder auf, die mit Kreide auf den Gehweg malten. Ein Paar hatte einen Tisch und Stühle heraus geräumt und aß zu Abend. Ein älterer Herr las bei einem Glas Wein.

Was für ein schöner und erlebnisreicher Tag.