Kamakura

Tokyo, 23. Oktober 2019

Heute ging es nach Kamakura. Kamakura liegt am Meer und war während des Kamakura-Shogunats von 1185 bis 1333 Japans Hauptstadt. Berühmt ist Kamakura für seine Tempel und Schreine.

Für die Fahrt von Tokyo nach Kamakura nutzt man die Yokosuka-Linie. Ich dachte ja, ich würde mich nun im Bahnhof Tokyo auskennen. Weit gefehlt. Bei dieser Linie handelt es sich nicht um einen Shinkansen, sondern um einen lokalen Zug. Der fährt daher nicht am Shinkansen Bahnhof ab, sondern von anderen Gleisen. Besonders verwirrend war, dass Gleis 1 mehrfach vorkommt. Ich musste ganz weit nach unten, bis ich endlich das richtige Gleis fand. Das war schwierig, denn obwohl ich den Hinweisschildern genau gefolgt bin, kam ich an eine Stelle, an der man zwar hinunter gehen sollte, aber vier Rolltreppen nur nach oben führten. Das wird offenbar für den Berufsverkehr so geschaltet. Ein Stück weiter hinten fand ich aber schließlich eine Rolltreppe, die mich nach unten brachte.

Auf der Yokosuka-Linie fahren Züge, die eigentlich U-Bahnzüge sind. Demensprechend sind die Abteile schlicht. Es gibt auch Waggons mit der üblichen Bahnausstattung, aber diese sind erster Klasse und müssten gesondert gebucht werden. Der Zug war auf der Hinfahrt unglaublich voll.

Angekommen in Kamakura sollte ich eigentlich laut Reiseführer mit der Enoden, einer kleinen Bahn, bis zur Station Hase fahren. Ich war mir nicht sicher, ob ich die Fahrt mit der PASMO Card zahlen kann oder ein Ticket lösen muss. Sicherheitshalber wollte ich ein Ticket lösen, aber der Automat zeigte sofort „Out of service“, als ich die Taste für die anderen Sprachen betätigte. Dann halt nicht. So bin ich eben gelaufen, und das war auch überhaupt nicht schlimm.

Zuerst ging es zum großen Buddha (auf japanische Daibutsu).

Eingang zum Tempelbereich.

Das ist eine große Bronzestatue, die über 750 Jahre alt ist. Ursprünglich stand sie in einem Tempel, der aber 1498 von einem Tsunami weggerissen wurde. Seitdem sitzt der Buddha im Freien. Übrigens ist in den Stadtplänen, die überall aushängen, eingezeichnet, bis wohin man sich vor unterschiedlich starken Tsunamis in Sicherheit bringen muss. Das fand ich doch sehr eindrucksvoll.

Am Eingang löhnte ich 300 Yen und genoß dann den Anblick des Buddha.

Vor dem Betreten des Inneren Bereichs erfolgt zunächst die Reinigung.
Der große Buddha.

Ein wenig verliert er durch die drei lärmenden Schulklassen und 500 Touristen drum herum. Ich habe es daher nicht geschafft, mit ihm zu meditieren, das ist etwas für Meister. Aber es war trotzdem sehr stimmungsvoll. In dem Blumenschmuck vor dem Buddha war jahreszeitlich sogar ein Kürbis mit drin. Ob der dann zu Halloween ausgehöhlt und geschnitzt wird? Lassen wir das.

Der große Buddha.
Friedlicher Gesichtsausdruck.

Danach lief ich zum Meer hinunter. Der Strand ist aber nicht so überragend. Es gab weiter zur Stadt hin viele Surfer und mit Sonne ist das Meer natürlich immer schön.

Meer bei Kamakura.

Dann ging es ans nächste Abenteuer: Lunch. Auf dem Hinweg war mir ein kleiner Laden aufgefallen, der laut Schild „Rice Balls“ verkauft, außerdem stand da der Hinweis auf eine englische Speisekarte. Das klang gut. Also ging ich ganz mutig in den Laden hinein, wo mich die Bedienung mit einem Schwall japanisch begrüßte. Meine Frage nach der englischen Karte brachte nur einen weiteren Schwall Japanisch hervor. Offenbar musste man für die Bestellung ein Formular ausfüllen, das aber nur japanisch war. Die Bedienung schrieb mir auf der Rückseite sogar die vereinfachten japanischen Schriftzeichen auf, was mich aber leider auch nicht weiter brachte. Schließlich waren zwei der weiblichen Gäste sehr nett zu mir und halfen mir weiter. Die eine füllte sogar meinen Zettel aus. Nach einiger Wartezeit bekam ich dann mein Essen in die Hand gedrückt und suchte mir damit eine schöne Bank. Da war es mir heute mal total egal, dass man in Japan nicht in der Öffentlichkeit isst. Dieser Lunch war schwer verdient.

Danach lief ich weiter zum Hachimangu Schrein. Das ist der wichtigste Schrein in Kamakura. Er liegt an einer vom Meer kommenden Allee. Er ist einem Kaiser gewidmet, zu dessen Ehren im September jeweils ein Reiterspiel statt findet. Dieser Schrein war ebenfalls sehr eindrucksvoll, es gab auch ein wenig Grün drumherum.

Schrein unten.
Und Schrein oben.
Gebete in Ginko-Blatt-Form.
Vor dem Betreten zieht man sich die Schuhe aus.
Eingang zum Bereich des Schreins.

Dann ging ich zurück zum Bahnhof und nahm den nächsten Zug zurück nach Tokyo. Japaner sind im Zug oft sehr müde und schlafen. Heute Nachmittag schliefen alle sieben Leute auf der Bank mir gegenüber. Das kann einen echt weich machen. Aber ich durfte natürlich nicht wegnicken, um nicht meinen Ausstieg zu verpassen.

Dann habe ich noch meine gestrige Mission erfüllt und im Bahnhof zwei Manga-Sport-T-Shirts nach Rücksprache mit meiner Freundin gekauft. Die Verkäuferin hielt mir vor dem Bezahlen ein Bild mit mehreren Charakteren hin und sagte, ich solle mir einen aussuchen. Ich verstand natürlich nicht, wofür, aber tat ihr den Gefallen. Damit erhielt ich eine Art Pappbügel mit dem Konterfei dieses Typen. Wie ich das in den Koffer bekommen soll, weiß ich noch nicht. Aber Manga ist hier wirklich eine ernste Sache, ich habe mehrere Leute in der Bahn heute beim Manga-Lesen beobachtet. Alles Erwachsene und alle schauten ganz ernsthaft dazu.

Nachdem ich in einem Laden noch ein neues Handy-Ladekabel erstanden habe, weil das alte leider gesplittet ist, waren meine Kommunikationseinheiten für heute endgültig erschöpft. Ich mache es mir nun mit einem Matcha-Dessert gemütlich.

Matcha-Dessert.