Archiv für den Monat: September 2019

Rebel und Rückblick

Ich bin wohlbehalten wieder zu Hause. In den letzten Tagen habe ich mich intensiv mit meinen Fotos beschäftigt und dabei die Reise noch einmal Revue passieren lassen.

Zunächst einmal muss ich über unser Maskottchen Rebel berichten, das noch nicht ausreichend erwähnt worden ist. Anne Marie, unser Guide, rettete Rebel aus einem Laden und lud ihn ein, mit uns zu kommen. Am liebsten hielt sich Rebel ganz vorn im Bus bei Brian auf, weil er von dort die beste Übersicht hatte.

In zwei Damen der Gruppe fand Rebel die besten Patentanten. Aber auch die anderen Gruppenmitglieder kümmerten sich rührend um Rebels Wohlbefinden. So wurde Rebel gut eingekleidet, bekam eine kleine Decke und ein St. Brigids Cross.

Als ich wieder zu Hause war, verstand ich, warum mir Rebel so bekannt vorkam. Von meiner letzten Irland-Reise, die bestimmt schon vor 18 Jahren war, habe auch ich ein Schaf aus einem Laden gerettet. Es muss sich hierbei um Rebels Ururururur-Großvater handeln.

Mitglieder der Gruppe fanden es unfassbar, dass Rebels Verwandter hier ohne jedliche Kleidung lebt. Kleidung war nie ein Thema zwischen mir und Dem Schaf. Ich habe Das Schaf nun auch noch einmal hierzu befragt, und es hat mir geantwortet, dass es halt noch ein Richtiges Schaf sei, das solchen Firlefanz der Konsumgesellschaft nicht brauche. Auch gut.

Rückblickend ist mir bewusst geworden, dass zwei Wochen lang sich niemand über gar nichts beschwert hat, nicht geflucht wurde und es kein Geläster über irgend etwas gab. Das war so wohltuend und hat mir unheimlich viel Energie gegeben. Alle Kretivitäten wurden stets bewundert und gelobt, niemand musste sich zurückgesetzt fühlen. Die Atmosphäre war durchgehend positiv und lustig. Ich hatte auch immer das Gefühl, dass ich gut aufgehoben bin und mich auf die anderen verlassen kann. In den ersten Tagen hier war es sehr ruhig, und ich habe die Gemeinschaft vermisst.

Ich bin dankbar für diese wunderbaren Erlebnisse und die Inspiration, die über Handarbeiten weit hinausgeht.

Workshop bei Aine Dunne

Unser letzter Workshop auf der Strickreise war gestern ein Workshop zu Spinnen mit der Handspindel und Weben mit Aine Dunne.

Aine Dunne ist eine Tapestry Weberin und stellt unheimlich schöne Wandbehänge her. Ihre Werke sind unter anderem bei LinedIn in Dublin und im The Stephen’s Green Hotel in Dublin zu finden.

Wandbehang von Ainne Dunne.

Dazu fuhren wir in ein Community Center in der Nähe von Drogheda. Die Straßen auf dem Weg dorthin waren wirklich sehr schmal und eng. Zur Krönung gab es noch eine Umleitung wegen einer gesperrten Straße. Unser armer Busfahrer Brian!

Neben dem Community Center lag dieser wunderschöne Garten. Da hatte jemand viel Spaß bei der Gestaltung und eben auch schön viel Platz. Nun kann ich wenigstens sagen, dass ich in Irland auch einen Drachen gesehen habe.

Fariy Garden.
Fariy Door.
Here be Dragons.

Zunächst ging es an die Handspindeln. Das war ja an sich nichts neues für mich, und das handspinnen mit der Handspindel ist nicht unbedingt meine geliebteste Tätigkeit. Interessant war aber, dass wir ungewaschene Schafswolle direkt vom Schaf verwendet haben, also auch ohne Kardieren und ähnliches. Und das klappt auch. Es ist natürlich nicht so fein wie ein Kammzug, aber die Grundzüge kann man auch damit nachvollziehen. Und ungewaschene Wolle zu verspinnen ist besser als jede Handcreme.

Workshop-Ausrüstung.

Als nächstes bekamen wir ein Stück Alpaka-Fasern. Die Alpakafaser war sehr weich und hatte eine gute Stapellänge zum Spinnen. Dann war die Zeit fürs Spinnen auch schon um, und wir wickelten den Faden zu einem kleinen Knäuel. Zum Zwirnen war keine Zeit.

Ein wenig Wolle.

Nachdem wir uns mit Tee und Backwerk gestärkt hatten, bekamen wir Webrahmen. Diese bestanden ganz rudimentär aus einem Holzrahmen aus zusammen geschraubten Leisten und waren mit einfachem Garn aufgesetzt. Zum Weben nutzen wir Garn, unser Selbstgesponnenes und Filzwolle. Eigentlich ging so gut wie alles, was uns unter die Finger kam. Hieraus entstanden die schönsten, buntesten Kunstwerke. Jeder hatte etwas anderes im Sinn und alles hatte seinen ganz eigenen Charme. Aine half uns dann, unsere Webarbeiten mit Weberknoten zu sichern und vom Rahmen zu nehmen.

Webstück.

Dann war es leider schon wieder Zeit, in den Bus einzusteigen. Brian brachte uns wohlbehalten zurück nach Dublin, wo wir unser Abschlussdinner hatten und einen wunderbaren Urlaub feierten.

Irish Linen Museum in Lisburn

Heute haben wir an unserem letzten ganzen Tag in Irland das Irish Linen Museum in Lisburn besucht.

Leinen-Museum.
Leinen-Museum.

Das war einfach wunderbar. Ein sehr engagierter und kenntnisreicher Mitarbeiter führte uns durch die Ausstellung.

Als erstes (nach einem wunderbaren Leinenausfit aus der Kreation von Edel MacBride) sahen wir ein uraltes Stück Leinen aus dem Grab von Tutenchamun. Es ist unglaublich, wie fein das Leinen schon damals hergestellt wurde, und dass es all diese Zeit überdauert hat.

Leinen war früher ein Statussymbol, insbesondere wenn es fein gewebt und wenn es sogar mit Safran gefärbt wurde. Heinrich VIII verbat sich es an seinem Hof, das Iren oder sonst wer in seiner Gegenwart solche Kleidung trug.

Safran-gefärbtes Leinen.

Erst nach dieser Einführung gab es detaillierte Informationen über die Leinenproduktion an sich. Zuerst braucht man natürlich Flachs. Hat der Flachs geblüht und sind die Stengel vertrocknet, wird er geerntet. Dafür wird er nicht etwa abgeschnitten, sondern mit den Wurzeln aus der Erde gezogen. Die Halme werden zu Faserbündeln zusammengefasst, getrocknet. Dann folgt ein Vorgang der sogenannten Röste. Durch das Trocknen reisst die äußerere Schicht auf. Heute gibt es dazu andere Verfahren, aber früher wurden die Bündel über Tage in kaltes Wasser eingelegt. Dabei dringen Bakterien in die Struktur ein und brechen sie auf, so dass die Fasern verarbeitbar werden.

Leinenfaser zum Spinnen.

Die Flachsfasern werden dann vom restlichen Material getrennt. Die Langfasern werden fast wie Wolle kardiert und zu Strängen oder Bündeln zusammen gefasst, die dann versponnen werden können. Das Bündel wurde am Spinnrad befestigt und mit einem farbigen Band an Ort und stelle gehalten. Die Farbe des Bandes zeigte an, ob die Spinnerin verheiratet oder ledig war. Begehrt waren natürlich die Spinnerinnen, die das feinste Garn herstellen können. Im Museum bekamen wir eine kleine Demonstration zum Spinnen. Es sah nicht einfach aus. Die Spinnerinnen saßen meist draußen vor den Hütten, da eine hohe Luftfeuchtigkeit für die Verarbeitung von Flachs wichtig ist. Auch Hütten mit Lehmboden waren sehr geeignet. Das Leinenspinnen war jedoch sehr arbeitsintensiv und der Gesundheit nicht unbedingt zuträglich. Die Fasern verletzten die Finger, und der Staub wurde eingeatmet.

Feine Leinenfasern.

Nach der Garnproduktion folgte das Weben.

An der Leinenherstellung war in der Regel die ganze Familie beteiligt. Die Tochter spann, die Mutter behandelte das Garn, das gegebenenfalls gebleicht wurde, der Sohn bereitete das Garn fürs Weben vor und der Vater saß am Webstuhl.

Leinen hat wunderbare Eigenschaften und kann viel Feuchtigkeit aufnehmen. Es ist von Natur aus schmutzabweisend und flusenfrei. Im Übrigen sollte Leinen noch halbfeucht gebügelt werden.

Rechts unbehandeltes Leinen und links gebleichtes Leinen.

Seit ca. den 1960er Jahren ging die Leinenproduktion per Hand in Irland immer weiter zurück. Derzeit wird das Leinenweben nur noch im Museum vorgenommen, ungefähr drei Leute kennen sich dort noch mit dem Leinenweben aus. Diese Webstühle sind über 150 Jahre alt. Die dienen zum Jaquart-Weben von Leinen, es können also Strukturen im Tuch dargestellt werden. Hierfür muss zunächst ein Design erstellt werden, das dann auf eine Art Lochkarten übertragen wird. Als erstes wird dann ein Versuchsstück hergestellt, in dem das Muster mit einem farbigen Faden hervorgehoben wird, um es besser auf Fehler untersuchen zu können. Solche Versuchsstücke sind selten und daher sehr begehrt.

Webstuhl.
Webstuhl.
Jaquard-Weben.

Leinenkleidung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit heutzutage industriell hergestellt. Leinen oder Halbleinen werden oft für Geschirrhandtücher verwendet und im täglichen Gebrauch ebenfalls nicht besonders beachtet. Das ist eigentlich schade, denn wenn man auf diese Geschichte zurück blickt, ist Leinen etwas sehr wertvolles.

Natürlich hatte das Museum auch einen kleinen Shop, in dem ich immerhin ein Geschirrtuch erstand. Ich werde nun das Abtrocknen mit besonderer Sorgfalt vornehmen und mich an diesen schönen Tag erinnern.

Wir fuhren weiter und hatten unseren Lunch in einem kleinen Cafe in diesem wunderbaren Garten.

Gartenimpressionen.

Dann ging es weiter zum Workshop und schließlich zurück nach Dublin, wo wir unser Abschluss-Dinner im Restaurant 1900 hatten.

Titanic Belfast

Nach unserem Besuch bei den Alpakas wollten wir uns geschichtlich weiterbilden und besuchten Titanic Belfast.

Titanic Belfast.

Es wird als die größte Besucherrattraktion der Welt bezeichnet. Was da so immer die Vergleichsmaßstäbe sind… Das Museum wurde in 2012 eröffnet und sie hatten heute zum ersten Mal eine Gruppe von Strickerinnen, wie sie uns mitgeteilt haben. Es zeigt die Geschichte der Titanic vom Bau bis zur Aufarbeitung sowie Wiederentdeckung des Wracks. Es werden alle Medien bedient, es gibt viele interessante Ausstellungsstücke. Das Highlight ist aber mit Sicherheit die Fahrt in einer Art Seilbahn über die Baustelle der Titanic. Am Anfang gab es zudem Hintergrundinformationen über das damalige Belfast, das eine Boomtown war, in vielen Feldern führend, wie beispielsweise auch der Leinenproduktion.

Das Gebäude wiegt so viel wie ein Anker der Titanic.
Titanic Belfast.

Eine Ausstellungsfläche beschäftigte sich mit dem Innenausbau und der Ausstattung der Titanic mit Beispiel-Kajüten. Sehr eindrucksvoll und auch heute noch sehr hochwertig.

Kajüte der dritten Klasse.

Im Abschnitt über den Schiffbruch berichteten Überlebende von ihren Eindrücken. Ein weiterer Ausstellungsraum beschäftigte sich mit den Untersuchungen zur Aufarbeitung des Schiffsbruches.

Zum Abschluss hab es Bilder von der wiederentdeckten Titanic auf dem Meeresboden. Es gibt einem eine Gänsehaut, wenn man all die persönlichen Dinge wie Schuhe oder Tassen sieht. Dieser Besuch hat sich durchaus gelohnt.

Mural für die Schiffsbauer.

Hinterher ging es zurück ins Hotel. Da ich mir offenbar einen Magen-Darm-Virus eingefangen habe und der Tag für mich daher unheimlich anstregend war, bin ich dann auch dort geblieben.

Leider haben wir genau die Tapestry von Game of Thrones verpasst, die an die 90 Meter lang ist und in 15.000 Stunden Arbeit erstellt wurde. Sie hat ihren eigentlichen Sitz im Museum of Ulster, ist aber jetzt auf Besuch in Bayeux, in der Nähe des berühmten Wandteppichs dort. Schade. Immerhin konnte ich einen Blick auf die Filmstudios werden.

Titanic Studios Belfast.

Zudem haben wir noch die Titanic Studios von außen gesehen, in denen Game of Thrones produziert wurde und diese wunderbare Skulptur. Die Belfaster nennen sie respektlos Nula with the Hula…

Nula with the Hula.

Besuch bei den Alpakas

Streng genommen ist das kein Kreativ-Post. Aber auf unserer Strickreise in Irland hatten wir heute so schöne Stunden, dass ich das einfach festhalten muss.

Heute früh starteten wir in Belfast und fuhren in den Ort Dromara in County Down zu Michelle Dunniece, welche die Farm Mourne Alpacas betreibt. Michelle war sehr gut zu uns und hat uns sozusagen in ihrem Wohnzimmer an einem Sonntag willkommen geheißen, obwohl sie vermutlich auch noch andere Dinge zu tun hatte.

Michelle hält eine Herde von 250 Alpakas, von denen wir einige kennen lernen durften. Michelle gab uns viele Informationen zum Liebesleben von Alpakas, zum Geburtsvorgang und zur Wolle.

Alpakas sind sehr neugierig.

Alpakas werden oft an die 20 Jahre alt und entwickeln jedes Jahr ein wunderbares Fel. Sie sind wunderbare Aufpasser und beschützen Schafe mit ihren neugeborenen Lämmern. Auch Hühner beschützen sie. Die Tiere sind neugierig und freundlich. Ganz aufmerksam beobachteten sie unsere Gruppe und auch den neuen Welpen der Familie, einen irischen Wolfshund.

Michelle schert die Wolle, zusammen mit ihrem Mann und einem professionellen Scherer. Alpakas sind beim Scheren wohl nicht so geflasht wie Schafe und ja auch viel größer. Aber die Wolle muss eben runter.

Sie beobachteten uns genau.

Es gab natürlich Wolle in Strängen und aufgewickelt sowie Spinnfasern. An die Spinnfasern habe ich mich noch nicht so herangetraut, weil das aufgrund der kurzen Stapellänge schwierig werden könnte. Ich habe dann aber zwei Knäuel Wolle erstanden, Hare’s Tail (100 g, 185 Meter). Die Farben changieren und ergeben so aus weiß, schwarz und hellgrau einen lebhaften Grauton. Beverly aus der Gruppe hat mir beim Aussuchen geholfen. Die Wolle war nicht billig, ist aber sehr schön weich. Wo kann man schon Wolle kaufen, wo das Tier dazu nebenan steht… Mal sehen, was ich aus dieser Wolle schönes herstellen werden.

Alpaka-Wolle.
Good-bye.

So waren wir mit unserem Besuch hier sehr zufrieden. Brian brachte eine glückliche Busladung wieder zurück nach Belfast.